Auf Deutsch zu singen, aus der eigenen musikalischen Komfortzone auszuscheren und ein völlig neues Territorium zu markieren – für Gentleman mag ein solcher Schritt die Art von kreativer Herausforderung darstellen, mit der er sich, quetscht man seine Vita auf Bierdeckelformat zusammen, im Grunde seit seinem Karrierestart konfrontiert sah. >>
Aber, ja, Gentleman auf Deutsch ist „ein anderer Schnack“, um ihm hier einmal seine eigenen Worte aus dem Mund zu nehmen. Umso erstaunlicher die frappierende Natürlichkeit, die Schwerelosigkeit, mit der ihm nicht nur der sprachliche Switchover gelingt – und das unter Beibehaltung vieler Neologismen seiner Jamaika-verhyperlinkten Lingo! –, sondern auch das verlustfreie Transferieren seines Timbres (zu dessen unverwechselbarem Charakter natürlich auch seine patentierten Ad-libs und die vokalen Wolkenkissen seines Backing-HarmonyEngels Sherieta Lewis entscheidend beitragen!).
Songs, die eloquent und emotionsflirrend die eigene Köln-/Kingston-Rotationsbahn austarieren, die ihn beim Pflanzen in seinem Garten oder beim Flussschippern auf seinem dunkelblauen Boot verorten – Gentleman hat tatsächlich mittlerweile seinen Bootsführerschein in der Tasche! –, oder ihn, zu einem locker joggenden Jugglerz-Beat mit Sido als Special Guest, über einen anderen sonnigen Scheißtag sinnieren lassen. Oder die sich, wie „So nah“, an den gebrochenen Banden einer einstigen Blutsbrüderschaft abarbeiten, ein Song, der einen mittels Split-Screen-Storytelling auf eine fast schon transzendente Metaebene entführt und Gentleman-Followern die Münder wie Mäusefallen aufspringen lassen dürfte – „a who him a talk `bout?“, jamaikanisch formuliert. Oder „Mehr als mich“, das sich auf einem lichtdurchlässigen, Violinen-umspülten Akustik-Beat anschleicht, eine ursprünglich für Tarrus Riley reservierte Ballade, die mit lines wie „Freiheit ist wenn Sehnsucht stärker wird als Vernunft“ lange nachglüht.
Quelle: UMD/ Urban